Boso 1

Boswiler Sommer Festival - Witamy - Willkommen!

04. Juli 2025 20:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Witamy - Willkommen!

NFM Leopoldinum Orchestra
Alexander Sitkovetsky Violine und Leitung
Julia Fischer Violine
Nils Mönkemeyer Viola
Benjamin Nyffenegger Violoncello

Wojciech Kilar
Orawa
Wolfgang Amadeus Mozart
Sinfonia Concertante in Es-Dur, KV 364
Antonio Vivaldi
Konzert in d-Moll für 2 Violinen und Violoncello,
RV 565
Joseph Haydn
Sinfonie Nr. 45 in fifis-Moll, Hob. I:45,
«Abschiedssinfonie»

Orawa ist der polnische Name eines slowakischen Flusses, der durch das Tatra-Gebirge fliesst. Der Komponist Wojciech Kilar, ein begeisterter Bergsteiger, liebte die Volksmusik jener Gegend und hat diese Klangbilder in einem kleinen Orchesterwerk zusammengefügt. Wie in der Minimal Music entfaltet sich aus kleinen Zellen ein musikalisches Fliessen. Kilar, der später die Musik zu Kinoklassikern von Roman Polanski und Francis Ford Coppola schrieb, erweist sich dabei
als suggestiver Musikant.

Als höchst gelungene Alternative zum Solokonzertieren mögen die beiden mittleren Werke gelten: Mozarts Sinfonia Concertante mit Geige und Bratsche im Zentrum sowie Vivaldis Concerto Grosso mit zwei Violinen und Cello. Die Rollen werden dabei neu verteilt.

Und vom Abschied erzählt schliesslich Haydns 45. Sinfonie: Der Kapellmeister beim Fürsten Esterházy forderte damit diskret seinen Dienstherrn dazu auf, die Musiker nach der langen Sommersaison zu ihren Familien nach Hause zu entlassen. Was in unserem Eröffnungskonzert natürlich
verfrüht ist…

KÜNSTLERGESPRÄCH UM 19.15 UHR
im Gespräch mit Benjamin Nyffenegger und Julia Fischer

Boso 3

Boswiler Sommer Festival - D-S-C-H

05. Juli 2025 17:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

D-S-C-H

Julia Fischer Quartett:
Julia Fischer Violine
Alexander Sitkovetsky Violine
Nils Mönkemeyer Viola
Benjamin Nyffenegger Violoncello

Dmitri Schostakowitsch
Streichquartett Nr. 8 in c-Moll, op. 110
(Bearbeitung des 8. Streichquartetts für Kammerorchester)

Mit Werkerklärung durch das Julia Fischer Quartett

«Den Opfern von Faschismus und Krieg» steht über der  gedruckten Partitur von Schostakowitschs 8. Streichquartett, und tatsächlich entstand es in Gohrisch, nahe dem am Kriegsende zerstörten Dresden, was den Komponisten tief erschütterte. Aber im Innersten handelt es sich um ein sehr persönliches Werk, das als Klagegesang über jede Unterdrückung, auch jene des Sowjetsystems, zu verstehen ist. Schostakowitsch widmete es sich selber, indem er seine Initialen «D-S-C-H» als Motiv in allen vier Sätzen
verwendet. In einem Brief erwähnt er weitere zitierte hemen aus verschiedenen Sinfonien, dem ersten Cellokonzert oder seiner von Stalin höchstpersönlich verurteilten Oper «Lady Macbeth von Mzensk». Aus dem 2. Klaviertrio taucht eine jüdische Melodie auf, die er als «ein Lachen unter Tränen» bezeichnet. Hinzu treten Motive von Wagner und Tschaikowsky. Ein Leben zieht also vorbei. Dieses Quartett ist eine Autobiographie, von der der Komponist ironisch meinte, sie habe für niemanden einen Nutzen und sei «ein ideeller Fehlschlag» – «so eine Art Mischmasch».

2x hören
Mit der Reihe «2x hören» beschreitet das Festival neue Wege. Hier wird ein Werk erst aufgeführt, dann von Musikexpert:innen analysiert und anschliessend nochmals
in einer anderen Version gespielt – eine einmalige Gelegenheit, Musik mit geschärftem Verständnis neu zu erleben.


Daten 2x hören:
Samstag, 5. Juli um 17.00 Uhr und 20.00 Uhr
Samstag, 12. Juli um 17.00 Uhr und 20.00 Uhr

Boso 4

Boswiler Sommer Festival - Hommage an Schostakowitsch

05. Juli 2025 20:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Hommage an Schostakowitsch

NFM Leopoldinum Orchestra
Alexander Sitkovetsky Violine und Leitung

Grażyna Bacewicz
Concerto for Orchestra
Dmitri Schostakowitsch
Kammersinfonie, op. 110a
Antonio Vivaldi
Die Vier Jahreszeiten, op. 8

«Also, das klingt ja besser als das Original!» soll Schostakowitsch begeistert gesagt haben, als ihm Rudolf Barshai seine Bearbeitung des 8. Streichquartetts zeigte. Der Mitgründer des Borodin-Quartetts und damalige Leiter des Moskauer Kammerorchesters hatte es zu einer Kammer- sinfonie arrangiert, die der Komponist sogar als op. 110a in sein Werkverzeichnis aufnahm. Damit wurde dieses autobiographische Werk einem breiteren Publikum bekannt.


Neben diesem gewichtigen Stück erklingt das Konzert für Orchester der polnischen Komponistin Grażyna Bacewicz, die um 1960 zu den wichtigsten Figuren einer neuen polnischen Musikszene gehörte. Sie wurde von einer inneren Kraft angetrieben. «Ich habe nämlich einen kleinen, unsichtbaren Motor, dank dessen ich in zehn Minuten mache, wofür andere eine Stunde brauchen.» Diese Energie und diese Erfindungsgabe sind in diesem Werk vor allem in der packenden Rhythmik und im Abwechslungsreichtum zu spüren. Man spürt, dass sie als Geigerin mit dem Klangkörper aufs engste vertraut war – wie übrigens auch Vivaldi, dessen populäre «Vier Jahreszeiten» das Konzert abschliessen.

2x hören
Mit der Reihe «2x hören» beschreitet das Festival neue Wege. Hier wird ein Werk erst aufgeführt, dann von Musikexpert:innen analysiert und anschliessend nochmals in einer anderen Version gespielt – eine einmalige Gelegenheit, Musik mit geschärftem Verständnis neu zu erleben.


Daten 2x hören:
Samstag, 5. Juli um 17.00 Uhr und 20.00 Uhr
Samstag, 12. Juli um 17.00 Uhr und 20.00 Uhr

Boso 5

Boswiler Sommer Festival - Licht und Schatten

06. Juli 2025 11:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Licht und Schatten

Yulianna Avdeeva Klavier
Julia Fischer Violine
Alexander Sitkovetsky Violine
Nils Mönkemeyer Viola
Daniel Müller-Schott Violoncello
Benjamin Nyffenegger Violoncello

Franz Schubert
Notturno in Es-Dur, op. 148 für Klaviertrio
Quintett in C-Dur für 2 Violinen, Viola und
2 Violoncelli, D 956, op. post. 163

Kurze Zeit vor seinem Tod «verfertigte» Schubert neben den Heine-Liedern und drei Klaviersonaten noch ein «Quintett für 2 Violinen, 1 Viola u. 2 Violoncelli». Man werde
es «dieser Tage erst» probieren, schrieb er noch an seinen Verleger, aber wir wissen
nichts von seiner Aufführung damals. Die erste belegte fand erst 1850 in Wien statt. So bleibt auch um dieses grossartige, fast eine Stunde dauernde Stück ein Mysterium. Tiefdunkles steht neben aufgehellteren Momenten. Das Vorbild Mozart wird durch Schwermut kontrastiert. Die Kontraste sind zuweilen scharf. Man hat dies auf eine Todesahnung bezogen, aber wahrscheinlich sollte man die düstere Stimmung allgemeiner auf das erdrückende Regime des Metternichschen Staates beziehen. Wolle er Liebe singen, werde sie ihm zum Schmerz. Und wollte er Schmerz nur singen, wurde sie ihm zur Liebe, schrieb Schubert einige Jahrezuvor. Das trifft die nur scheinbare
Widersprüchlichkeit seiner Musik zutiefst.
 

Boso 6

Boswiler Sommer Festival - Aus meinem Leben

06. Juli 2025 17:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Aus meinem Leben

Yulianna Avdeeva Klavier
Daniel Müller-Schott Violoncello
Julia Fischer Quartett:
Julia Fischer Violine
Alexander Sitkovetsky Violine
Nils Mönkemeyer Viola
Benjamin Nyffenegger Violoncello

Bedřich Smetana
Streichquartett Nr. 1 in e-Moll, «Aus meinem Leben»
Antonín Dvořák
Trio in f-Moll für Klavier, Violine und Violoncello,
op. 65

Von der frühen Neigung zur Kunst erzählt diese Musik, von der Jugendzeit, vom Glück der Liebe und von der national geprägten Musik, bis plötzlich ein hoher Ton einsetzt, ein Tinnitus, der den beginnenden Gehörverlust ankündigt. So schildert der 52 Jahre alte Bedřich Smetana seine eigene Biographie. Das Streichquartett «Aus meinem Leben» ist eine Ausnahme unter den vielen romantischen Streichquartetten, die sich eher abstrakt geben und wenig Konkretes erzählen. Es folgt eher einer Tondichtung, bleibt
aber in der Form viersätzig. Mitvollziehen lässt sich dabei der Weg eines Komponisten, der die Musik seines Landes entscheidend prägte. Sein unmittelbarer Nachfolger, Antonín Dvořák, hat diese Entdeckungen weitergetrieben und den Tonfall in die Welt, ja bis in die USA hinausgetragen. Dank seiner «Slawischen» Tänze galt er bald als typisch böhmischer Musikant. Aber er wollte sich auch auf andere Weise
behaupten. In seinem ausgedehnten Trio op. 65 sind zwar durchaus noch die heimatlichen Klänge vernehmbar, aber Dvořák führt sie weiter in klassische, ja geradezu Brahms’sche Dimensionen.

KÜNSTLERGESPRÄCH UM 16.15 UHR
im Gespräch mit Musiker:innen

Boso 7

Boswiler Sommer Festival - Epilog - Aus der Zeit

06. Juli 2025 20:30
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Epilog - Aus der Zeit

Yulianna Avdeeva Klavier
Julia Fischer Quartett:
Julia Fischer Violine
Alexander Sitkovetsky Violine
Nils Mönkemeyer Viola
Benjamin Nyffenegger Violoncello

Dmitri Schostakowitsch
Klavierquintett in g-Moll, op. 57

Wie mag es einem Komponisten ankommen, wenn er nach Jahren der Unterdrückung und Verleumdung, ja der Furcht vor Geheimpolizei, Deportation und Ermordung auf einmal mit einem Werk einen einhelligen Erfolg feiert und von Staates wegen hochgelobt wird? Für sein Klavierquintett von 1940 erhielt Dmitri Schostakowitsch
gar den erstmals verliehenen und hochdotierten Stalin-Preis Erster Klasse. So konnte
es ihm (fast) egal sein, dass es der Kollege Prokofiew risiko- und spannungslos fand, aber zugeben musste, dass jede Note sorgsam berechnet sei. Das vergleichsweise unromantische Werk, das sich eher am Vorbild Bach orientiert, ist klar tonal und
lässt alle Experimente hinter sich. Es verschränkt Barockes mit Klassischem, beginnt mit Präludium und Fuge und fügt Scherzo, Intermezzo und Finale an. Dennoch
hat man auch hinter dieser Nüchternheit einen gebrochenen Menschen entdeckt. Vielleicht ist es aber auch eine Ruhe vor dem geahnten Sturm, kurz bevor Nazideutschland auch die Sowjetunion angriff. Gerade das harmlose Intermezzo nämlich wendet, wie Prokofiew erkannte, «einen Händelschen Trick an – eine endlos
lange Melodie vor dem Hintergrund eines Pizzicatos in den Bässen». Ein Zeichen von Melancholie und Trauer.

Boso 9

Boswiler Sommer Festival - Erinnerungen

09. Juli 2025 20:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Erinnerungen

Tenebrae Choir
Nigel Short Leitung
Sarah Christian Violine

Johann Sebastian Bach
Choräle für Chor
Partita Nr. 2 in d-Moll, BWV 1004 für Violine Solo
Hubert Parry
Songs of Farewell

«Nur» Choräle?! Was einem wie schlichter Kirchengesang vorkommen mag, verwandelt sich unter der Hand Bachs zu intensivster Kunst. Kleine rhythmische und melodische Varianten der überlieferten Lieder, vor allem aber eine verdichtete Harmonik machen die meist vierstimmig gesetzten Choräle zu einem der tiefsten Erlebnisse in seinem ganzen OEuvre. Wer erinnert sich nicht an die Momente, wenn sie zum Beispiel im dramatischen Geschehen der Passionen erscheinen? Hier nun erklingen sie im Wechsel mit einzelnen Sätzen aus seinen Violinpartiten und Cellosuiten. Der bei uns wenig bekannte, auf der britischen Insel aber immer noch hochgehaltene Spätromantiker Charles Hubert Parry bildet dazu einen schönen
Kontrast. Von Bach und Brahms beeinflusst, schrieb er eine dichte Chormusik aus der englischen Tradition. Seine «Songs of Farewell» entstanden kurz vor seinem Tod 1916-18 unter dem Eindruck des Weltkriegs, in dem auch einige seiner Schüler starben.
Die sechs Stücke sind denn auch von Verlust und Abschied geprägt. Ein Satz davon erklang beim Begräbnis von Elizabeth II.

KÜNSTLERGESPRÄCH UM 19.15 UHR
im Gespräch mit Musiker:innen

Boso 10

Boswiler Sommer Festival - Melancholie und Totentanz

10. Juli 2025 20:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Melancholie und Totentanz

Tenebrae Choir
Nigel Short Leitung
Julia Fischer Violine
Maximilian Hornung Violoncello
Daumants Liepinš Klavier

Dmitri Schostakowitsch
Trio in e-Moll für Violine, Violoncello und Klavier,
op. 67
Werke für Chor von Sergej Rachmaninow, Nikolay
Golovanov, Pawel Tschesnokow, Peter I. Tschaikowsky

Mitten im Weltkrieg starb un unerwartet Schostakowitschs enger Freund, der Kultur- und Literaturwissenschaftftler Iwan Solletinski. Sie waren einander 1921 erstmals begegnet, Schostakowitsch fünfzehnjährig. Ihre Freundschaftft begann fünf Jahre später, geschürt durch die gemeinsame Faszination für die Musik vor allem Mahlers. Bei ihren
Treffffen tranken sie Unmengen an starkem Tee oder sie telefonierten stundenlang. Solletinski wiederholte immer wieder: «Schostakowitsch ist ein Genie, die Menschen werden das noch zu schätzen wissen!» Gern hätte man den beiden beim Gespräch zugehört. Solletinski starb überraschend an einem Herzanfall bei einer Notevakuation
in Novosibirsk. Der Komponist schrieb an die Witwe: «Er war mein nächster und teuerster Freund. Meine ganze Entwicklung verdanke ich ihm. Ohne ihn zu leben, wird mir unvorstellbar schwerfallen.» Das Trio mündet denn auch in ein totentanzähnliches
Finale. Hier begegnen wir auch der jüdischen Melodie aus dem 8. Streichquartett wieder. Wie ein melancholischer Kommentar mögen daneben zuweilen die russischen Gesänge wirken, die der Tenebrae Choir beiträgt.

KÜNSTLERGESPRÄCH 19.15 UHR
im Gespräch mit Musiker:innen

Boso 11

Boswiler Sommer Festival - Tere Paavo

11. Juli 2025 20:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Tere Paavo

Paavo Järvi Musical Director Tonhalle-Orchester Zürich
Julia Fischer Violine Solo
Festivalorchester

Antonín Dvořák
Romanze in f-Moll für Violine und Orchester, op. 11
Streicherserenade in E-Dur, op. 22
Richard Strauss
Der Bürger als Edelmann, Orchestersuite, op. 60

Der Bürger, ein Monsieur Jourdain, möchte ein Edelmann sein, mit allen Mitteln, und natürlich wird er deshalb von allen ausgenutzt und scheitert schliesslich. Die Satire, die Molière 1670 erstmals auf die Bühne brachte, wurde knapp 250 Jahre später von Hugo von Hoffmannsthal und Richard Strauss zur Ballettkomödie umgestaltet und mit dem Einakter «Ariadne auf Naxos» gekoppelt. Nach weiteren Versionen stellte Strauss auch eine Orchestersuite zusammen, die den neoklassizistischen Charakter des Ganzen wiedergibt: Charmant, gelegentlich anspielungsreich mit Lully-Zitaten. Eine heitere Welt.
Sie findet ihr Gegenüber in den beiden Werken Dvořáks, der Violinromanze von 1879 und vor allem der in nur zwei Wochen entstandenen Streicherserenade, die sich auf die Klassiker zurückbesinnt und ihre Formen mit tschechischen Melodien füllt. Dabei entstehen Momente echter musikalischer Glückseligkeit, Musik von therapeutischer Wirkung, wie einmal jemand sagte.

KÜNSTLERGESPRÄCH 19.15 UHRim Gespräch mit Musiker:innen

Boso 12

Boswiler Sommer Festival - Klangfülle und Liebesklagen

12. Juli 2025 11:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Klangfülle und Liebesklagen

Sarah Christian Violine
Julia Fischer Violine
Amihai Grosz Viola
Benjamin Nyffenegger Violoncello
Matvey Demin Flöte
Daumants Liepinš Klavier
Dissolution Ensemble

Carl Maria von Weber
Trio in g-Moll, op. 63
Ilai Weigl
NN, Uraufführung
Robert Schumann
Klavierquintett in Es-Dur, op. 44

Einer klagt über seine Geliebte, früh, zu früh, denn später wird doch alles gut. Man heiratet und bleibt dann ein Leben zusammen, so wie Carl Maria von Weber mit der Schauspielerin Caroline Brandt. Was uns bleibt, ist die wunderschöne
Musik wie dieses Flötentrio, auch wenn der langsame Satz vermutlich auf Liebeskummer hindeutet. Sei’s drum. Dieses Adagio basiert auf einem
damals bekannten Volkslied, das Goethe mit einem neuen Text zur Schäfers-Klage adelte. «Da stehet von schönen Blumen / Die ganze Wiese so voll. / Ich breche sie, ohne zu wissen, / Wem ich sie geben soll.» In der Stimmung lässt sich das noch nachvollziehen, sonst aber gibt sichdieses Trio luftig und frisch.


Nach einer Uraufführung von Ilai Weigl erklingt Robert Schumanns grossartiges Klavierquintett op. 44. Er schrieb es 1842 für seine Frau Clara und schenkte ihr die Druckausgabe mit Widmung zum 24. Geburtstag. Sie zeigte sich sogleich begeistert von diesem herrlichen Werk «voll Kraft und Frische» - und «dabei äusserst brillant und effektvoll».

Boso 13

Boswiler Sommer Festival - Verklärte Nacht

12. Juli 2025 17:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Verklärte Nacht

Sarah Christian Violine
Maximilian Hornung Violoncello
Herbert Schuch Klavier


Arnold Schönberg
Verklärte Nacht, op. 4 in der Fassung für Klaviertrio
von Eduard Steuermann
Mit Werkerklärung

«Verklärte Nacht» schildert ein Paar, das ihm Mondschein spazieren geht. Sie eröffnet ihm dabei, dass sie von einem anderen Mann schwanger ist; er jedoch vergibt ihr und sagt, sie werde das fremde Kind «mir, von mir gebären; / Du hast den Glanz in mich gebracht, / Du hast mich selbst zum Kind gemacht.» Es ist ein überraschend wohltuendes Ende unter den vielen tragisch endenden Tondichtungen. Schönberg
schrieb sie 1899 auf ein Gedicht Richard Dehmels, das in der Partitur aber nicht weiter erscheint, dessen wichtigsten Ereignisse jedoch erkennbar bleiben. Wie Wagner verwendet er Leitmotive, die sich im Lauf des Stücks verändern. Dabei entwickelt Schönbergs Musik eine ergreifende Stimmungsdichte. Und wenn sie hier auch kaum autobiographisch sein dürfte, so erzählt sie doch aus dem alltäglichen Leben
eines jungen Paars. Der Pianist Eduard Steuermann, Onkel übrigens des Dirigenten Michael Gielen, hatte das Streichsextett für Klaviertrio umgearbeitet.
Er hatte in Berlin bei Schönberg und später auch kurz bei Anton Webern Komposition
studiert, emigrierte wie sein Lehrer vor den Nazis in die Vereinigten Staaten und starb
in New York.

2x hören
Mit der Reihe «2x hören» beschreitet das Festival neue
Wege. Hier wird ein Werk erst aufgeführt, dann von
Musikexpert:innen analysiert und anschliessend nochmals
in einer anderen Version gespielt – eine einmalige
Gelegenheit, Musik mit geschärftem Verständnis
neu zu erleben.


Daten 2x hören:
Samstag, 5. Juli um 17.00 Uhr und 20.00 Uhr
Samstag, 12. Juli um 17.00 Uhr und 20.00 Uhr

Boso 14

Boswiler Sommer Festival - In Memoriam

12. Juli 2025 20:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

In Memoriam

Julia Fischer Violine
Lena Neudauer Violine
David Nebel Violine
Amihai Grosz Viola
Adrien La Marca Viola
Benjamin Nyffenegger Violoncello
Maximilian Hornung Violoncello
Paul Handschke Violoncello
Alexandra Scott Kontrabass
Herbert Schuch Klavier

Arnold Schönberg
Verklärte Nacht, op. 4 in der Fassung für Streichsextett
und Kontrabass
Peter I. Tschaikowsky
Klaviertrio in a-Moll, op. 50, «Dem Andenken eines
grossen Künstlers»

In der russischen M Musik gibt es die kleine Tradition, dass Komponisten verstorbener Mitmusiker mit einem Klaviertrio gedenken. So wie Arenski mit seinem ersten Trio an
den Cellisten Karl Dawidow erinnerte, schrieb Rachmaninow sein frühes in Gedenken an Tschaikowski und später Schostakowitsch sein zweites nach dem Tod des Kulturwissenschaftftlers Solletinski. Tschaikowskys grosses a-Moll- Trio wiederum, das vielleicht gewichtigste von allen, entstand in memoriam an den Pianisten Nikolai Rubinstein: «À la mémoire d’un grand artiste». Rubinstein hatte das Moskauer Konservatorium gegründet und Tschaikowsky als Lehrer berufen. Entstanden ist ein Werk geradezu sinfonischen Ausmasses, sowohl in der Dauer wie im Gestus. Die beiden langen Sätze – eine weite Elegie und ein immenser Variationensatz - erzählen der Überlieferung zufolge in Abschnitten Stationen aus Rubinsteins Leben.


Sinfonisch mag auch die eigentlich kammermusikalische Tondichtung «Verklärte Nacht» erscheinen, die Arnold Schönberg vor der Jahrhundertwende in einem einzigen grossen Satz schuf. Später bearbeitete er sie auch für Streichorchester, hier erklingt sie in der Originalversion als Streichsextett.

2x hören
Mit der Reihe «2x hören» beschreitet das Festival neue
Wege. Hier wird ein Werk erst aufgeführt, dann von
Musikexpert:innen analysiert und anschliessend nochmals
in einer anderen Version gespielt – eine einmalige
Gelegenheit, Musik mit geschärftem Verständnis
neu zu erleben.


Daten 2x hören:
Samstag, 5. Juli um 17.00 Uhr und 20.00 Uhr
Samstag, 12. Juli um 17.00 Uhr und 20.00 Uhr

Boso 16

Boswiler Sommer Festival - Rauschend

13. Juli 2025 17:00
Alte Kirche, Saal
Flurstrasse 21
5623 Boswil

Rauschend

Sarah Christian Violine
Julia Fischer Violine
David Nebel Violine
Lena Neudauer Violine
Amihai Grosz Viola
Adrien La Marca Viola
Shira Majoni Viola
Maximilian Hornung Violoncello
Benjamin Nyffenegger Violoncello
Alexandra Scott Kontrabass
Andrey Godik Oboe
Matthew Hunt Klarinette


Dmitri Schostakowitsch
Zwei Oktettsätze, op. 11 für vier Violinen, zwei Violen
und zwei Violoncelli
Sergej Prokofiew
Quintett in g-Moll, op. 39 für Oboe, Klarinette, Violine,
Viola und Kontrabass
Felix Mendelssohn Bartholdy
Oktett in Es-Dur, op. 20 für vier Violinen, zwei Violen
und zwei Violoncelli

In Frühwerken, wie sie hier erklingen, sind oft schon Merkmale zu erkennen, die im späteren Leben eines Komponisten wiederkehren. In den beiden Sätzen für Streichoktett, die der 18-jährige Schostakowitsch schuf, spiegelt sich sowohl seine Verehrung für Johann Sebastian Bach als auch seine Neigung zu heimtückischem Sarkasmus. Diesem wird man auch im Quintett des 33-jährigen Prokofiew begegnen. Es basiert auf einer verschollenen Ballettmusik, die unter dem Titel «Das Trapez» sechs Episoden aus dem Zirkusleben schildert. Auch ohne die Geschichte zu erkennen, hört man die Mehrbödigkeit heraus.


Voll ausgereift erscheint das Oktett des 16-jährigen Felix Mendelssohn. Und schnell wurde auch seine Genialität erkannt. Auch da dürften barocke Vorbilder wie Bach und
Händel eine Rolle gespielt haben, ebenfalls aber Theaterszenen, wie sie der junge Komponist liebte. Wie schon andere Werke dieses Boswiler Sommers geht auch dieses
über das Kammermusikalische hinaus. Es müsse «im Stil einer Sinfonie in allen Stimmen gespielt werden», meinte Mendelssohn. «Die Pianos und Fortes müssen
sehr genau und deutlich gesondert und schärfer hervorgehoben werden, als es sonst bei Stücken dieser Gattung geschieht.» Das Werk bildet den würdigen Abschluss des
Festivals und lässt uns befeuert in den Sommer enteilen.