Ouvertüre zur Oper «Orfeo ed Euridice»

Christoph Willibald Gluck  (1714-1787)


Programmheft für das 3. Abo-Konzert 2019/20

Glucks Opernreform

«Prima le parole, poi la musica». Ein wegweisender Leitspruch für den deutschen Komponisten Christoph Willibald Ritter von Gluck, den er am 5. Oktober 1762 in Wien mit seiner ersten Reformoper «Orfeo ed Euridice» umsetze. In der zu jener Zeit vorherrschenden Opera seria ging es hauptsächlich um die Selbstdarstellung der Sänger. In ihren virtuosen
Arien rückte die Textverständlichkeit an zweite Stelle. Glucks Ansicht nach aber sollte die Musik der Dichtung nur dienen und sie nicht unverständlich machen. Statt komplizierten Intrigenspielen und virtuosen Koloraturen hat Gluck in seiner ersten Reformoper die Geschichte einfach und die Gesänge liedhaft-schlicht gehalten. Damit markierte er einen für die Oper musikhistorischen Wendepunkt. In Glucks «Orfeo ed Euridice» gibt es nur drei Figuren: Orfeo, Euridice und Amor. Auch die Handlung selbst ist verdichtet. Zu Beginn der Oper ist Euridice bereits tot und Orfeo klagt um sie. Die Geschichte hat jedoch ein glückliches Ende. Nachdem Orfeo beim Gang aus dem Hades Euridice ansieht und sie deshalb ein zweites Mal verliert, schreitet Amor ein und kann durch die Macht der Liebe die beiden wieder vereinen.


Zu den beliebtesten Stücken aus «Orfeo ed Euridice» gehören die heitere Ouvertüre sowie die Ballettmusik «Reigen seliger Geister», die beide in diesem Konzert zu hören sind. In der Ouvertüre wird das Thema in charakteristischen rasanten Sechzehntel-Figuren vorgestellt, worauf in einer schrittweisen Aufwärtsbewegung die Blechbläser das Geschehen intensivieren. Der Wechsel zwischen den Stimmungen ist abrupt. Mit ihren düsteren Einschüben bereitet die Ouvertüre auf das folgende Drama vor. Zum Schluss des Stückes kommt Gluck wieder auf das Anfangsthema zurück. Der symmetrische Rahmen, welcher der Ouvertüre ihre Geschlossenheit gibt, ist für die ganze Oper formbildend.


Die träumerische Ballettmusik «Reigen seliger Geister» verströmt nach der lebhaften Ouvertüre eine wohltönige Ruhe. Orfeo ist im Elysium angelangt und die Heiterkeit der seligen Geister umfängt ihn. Alle sind glücklich und ohne Leid. Doch in den sanften Klängen offenbart Gluck auch die Sehnsucht, die Orfeo auf seiner Suche nach Euridice verspürt. Der «Reigen seliger Geister» wurde für verschiedene Instrumente bearbeitet, was die Beliebtheit des Stückes unterstreicht. In diesem Konzert erklingt die Ballettmusik arrangiert für Trompete und Orchester und wird von Reinhold Friedrich interpretiert.

Text: Chantal Gardelli