Ballettmusik aus «The Perfect Fool»

Gustav Holst  (1874-1934)


Text von Peter Laki, geschrieben für das Programmheft des 4. Abo-Konzerts "Discovery UK I In an English Garden", Saison 2018/19.

Elementare Tänze

Gustav Holst wurde im September 1874 auf den Namen Gustavus Theodore von Holst getauft. Den adelig anmutenden Zusatz von hatte erst sein Grossvater hinzugefügt. Der Komponist entledigte sich dessen während des Ersten Weltkriegs. Sein Urgrossvater, selbst Pianist, Komponist und Musiklehrer, war Anfang des 19. Jahrhunderts aus Riga nach England eingewandert. Obwohl sich unter seinen Vorfahren Letten, Schweden und Deutsche befanden, war Gustav Holst jedoch ein Engländer durch und durch, fest in der Kultur seiner Heimat verwurzelt. Er befasste sich, ähnlich wie sein lebenslanger Freund Ralph Vaughan Williams, eingehend mit traditioneller englischer Volksmusik.

Seinen Weltruhm verdankte Holst der grossen orchestralen Suite «The Planets » («Die Planeten»), die in den Jahren zwischen 1914 und 1916 entstand und 1920 uraufgeführt wurde. Die einige Jahre später entstandene Oper «The Perfect Fool» («Der vollkommene Narr») hatte keinen vergleichbaren Erfolg aufzuweisen. Als Parodie auf die romantischen Opern von Wagner und Verdi gemeint, kam der Einakter, dessen Libretto vom Komponisten selbst verfasst wurde, bei seiner Erstaufführung am 14. Mai 1923 in der Covent Garden Opera in London beim Publikum nicht sehr gut an, und geriet schnell in Vergessenheit – mit Ausnahme der Ballettmusik, die als Vorspiel zur Oper diente. Bereits im Juni 1921 unabhängig von der Oper uraufgeführt, setzte sich diese im Verlauf der Zeit als selbständiges Konzertstück durch.

Im Ballett werden die Geister der Elemente Erde, Wasser und Feuer einer nach dem anderen von einem Zauberer heraufbeschworen, um zusammen ein Liebeselixir zu bereiten. Die drei Tänze stellen die Charakterzüge der jeweiligen Elemente – die Schwere der Erde, das Schimmern des Wassers und das Flackern des Feuers – durch eine virtuose Orchestrierung und durch ausdrucksstarkes thematisches Material dar. Die Episoden werden von einer kurzen Fanfare als Aufruf an die Geister eingeleitet und von kurzen, lyrischen Zwischenspielen voneinander getrennt.

Ein Thema arabischen Ursprungs, das später in den Tanz des Feuergeistes einging, wurde von Holst bereits im Jahre 1908 aufgezeichnet, und zwar bei einem Besuch im nordafrikanischen Biskra, wo Béla Bartók fünf Jahre später ebenfalls Volksmusik sammelte. Andere Motive im Werk waren ebenfalls aus früheren Kompositionen übernommen. Holst, der auch als Dirigent auftrat, tat sich am Anfang schwer mit den ungewohnten 7/8-Rhythmen im ersten Abschnitt. Bald meisterte er jedoch die anfänglichen Schwierigkeiten und leitete in späteren Jahren zahlreiche Aufführungen der Ballettmusik.